Schießplatz

Beispielprojekt: Altlast in der Umgebung eines Schießplatzes


Auf Sportschießplätzen, die von Schützen- und Jägervereinen betrieben werden, wird häufig Bleischrot verschossen, das nicht nur Blei, sondern auch Antimon und Arsen enthält. Wenn sich die Schrotkugeln auflösen, werden diese giftigen Spurenmetalle freigesetzt und können eine Gefährdung für Boden, Mensch, Pflanze und Grundwasser bedeuten.

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Hintergrund
Die an einen Schießplatz angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen sind stark mit Bleischrot belastet. Die Ursache hierfür ist, dass das Bleischrot im normalen Schießbetrieb jahrzehntelang den Schießplatz über den Wall hinweg verlassen hat, so dass die Äcker mit mehreren Tonnen Schrot belastet sind. Durch die Bodenbearbeitung wurde die Belastung zusätzlich in der Fläche verteilt und bis in 30 cm Tiefe eingearbeitet. Mit Gehalten im Boden von bis zu 6200 mg/kg für Blei und 140 mg/kg für Antimon liegen extrem hohe Gesamtgehalte vor.

Die Äcker liegen auf einer Lössauflage von etwa 2 m, unter der Muschelkalk ansteht. Im Muschelkalk werden Sicker- und Grundwasser fast ausschließlich in den Klüften im Kalk transportiert. Dies bedeutet, dass das Wasser sehr schnell versickern kann, dabei jedoch kaum gefiltert bzw. gereinigt wird.

Voruntersuchungen
Nach dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) wurde bereits eine Detailuntersuchung für den Wirkungspfad Boden - Pflanze durchgeführt. Hierbei konnte jedoch trotz der deutlichen Belastung des Bodens keine nennenswerte Belastung des Schutzgutes Pflanze nachgewiesen werden. Eine orientierende Untersuchung für den Pfad Boden - Grundwasser ergab hingegen, dass der "Verdacht einer schädlichen Bodenveränderung" gegeben ist. Daraufhin wurden wir vom zuständigen Landratsamt mit einer Detailuntersuchung beauftragt.

Saugkerzenanlage
Aufbau der Saugkerzenanlage
zur Beprobung des Sickerwassers


Einschlämmen einer Saugkerze

Fragestellung
In dieser Detailuntersuchung nach BBodSchG sollte mit einer Sickerwasserprognose geklärt werden, ob am Ort der Beurteilung (der Grundwasseroberfläche) eine Überschreitung der Prüfwerte nach der Bundesbodenschutzverordnung (BBodSchV) vorliegt. Darüber hinaus sollte festgestellt werden, ob und in welchem Umfang eine Sanierung des belasteten Gebietes nötig ist.

Messung der Schadstoffkonzentrationen im Sickerwasser
Mit Hilfe von Saugkerzen beprobten wir das Sickerwasser in 1 und 2 m Tiefe. Die tieferen Saugkerzen erfassten damit das Wasser im Übergangsbereich vom Löss zum Muschelkalk. Für die Installation wurde zunächst der kontaminierte Oberboden abgegraben, damit das Bleischrot beim Einbau nicht verschleppt werden konnte.

Um die Heterogenität der Stoffflüsse auf verschiedenen Skalen erfassen zu können, hatten wir 3 Messfelder mit jeweils 3 Saugkerzen in den beiden Tiefen eingerichtet. Diese Saugkerzen beprobten kontinuierlich das Sickerwasser. Etwa in einem 2-wöchigen Rhythmus wurde das Sickerwasser auf Blei und Antimon analysiert.

Blei
Die Bleikonzentration lag im Mittel in 1 m Tiefe bei 8 µg/L und in 2 m Tiefe bei 4 µg/L. Nur in sehr wenigen Einzelproben wurde in 1 m Tiefe der Prüfwert nach BBodSchV von 25 µg/L überschritten, in den tieferen Saugkerzen lagen alle Messungen unter dem Prüfwert. Diese Ergebnisse zeigen, dass das Blei im Löss zu einem großen Teil herausgefiltert und zurück gehalten wird. Daher lagen die Konzentrationen trotz der hohen Belastung in 2 m Tiefe deutlich unter dem Prüfwert nach BBodSchV. Eine Verunreinigung des Grundwassers durch Blei ist daher nicht zu befürchten.

Antimon
Bei Antimon lagen die meisten Einzelmessungen über dem Prüfwert von 10 µg/L. Im Mittel wurden in 1 m Tiefe 25 µg/L, in 2 m Tiefe sogar 36 µg/L gemessen. Dies zeigt, dass Antimon im Löss nicht zurück gehalten wird. Mit einer 3,5fachen Überschreitung des Prüfwertes nach BBodSchV ist zunächst auch am so genannten Ort der Beurteilung, also an der Grundwasseroberfläche, eine Prüfwertüberschreitung zu befürchten.

Sickerwasserprognose (ALTEX-1D)
Sickerwasserprognose der Antimonkonzentration
mit ALTEX-1D am Ort der Beurteilung
(Grundwasseroberfläche) aufgrund der
Saugkerzenbeprobungen (Vergrößerung)

Modellierung der Konzentrationen am Ort der Beurteilung
Aufgrund der geologischen Gegebenheiten kann die Antimon-Konzentration an der Grundwasseroberfläche nicht direkt gemessen werden. Daher mussten wir die Konzentrationen am Ende der Sickerstrecke mit einer Modellierung abschätzen. Um die Bodeneigenschaften zu bestimmen, die für die Modellierung benötigt wurden, haben wir an 13 Probenahmepunkten horizontweise Bodenproben entnommen und diese auf verschiedene bodenchemische und bodenphysikalische Parameter analysiert. Mit diesen Daten, den Antimon-Gesamtgehalten und den Gehalten an mobilem Antimon im Boden wurde die Modellierung mit ALTEX-1D durchgeführt.

ALTEX-1D wird von der Arbeitshilfe Sickerwasserprognose für die Sickerwasserprognose bei einer Detailuntersuchung empfohlen (siehe Arbeitshilfe Sickerwasserprognose bei Detailuntersuchungen der Bund-/Länderarbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO) und des Altlastenausschusses (ALA)). Um bei der Modellierung die Heterogenität und Variabilität von Bodeneigenschaften sowohl in der Fläche als auch in der Tiefe ausreichend berücksichtigen zu können, führten wir 550 Läufe mit ALTEX-1D durch. Hierbei beschränkten wir uns zunächst auf die Lössauflage. Grund dafür ist, dass ALTEX-1D - wie nahezu alle Modelle - nicht in der Lage ist, den Wasserfluss in den Klüften des Muschelkalkes abzubilden.

Im direkten Depositionsbereich des Bleischrotes wurde in allen Simulationen der Prüfwert über mehrere Jahrzehnte um ein Mehrfaches überschritten. Im Mittel lag die Antimon-Konzentration an der Unterkante des Lösses auf einer Fläche von 1,8 ha bei 276 µg/L und damit beim 27fachen des Prüfwertes. Auch in den angrenzenden Bereichen wurde der Prüfwert leicht überschritten.

Sanierungsempfehlung
Sanierungsempfehlung in zwei
Dringlichkeitsstufen (rot und orange) sowie
Notwendigkeit weiterer Untersuchungen (blau)
(Vergrößerung).

Da der Bereich des Muschelkalkes mit ALTEX-1D nicht abgebildet werden konnte, musste hier verbal-argumentativ vorgegangen werden. Verschiedene Arbeiten, z.B. Sorptionsexperimente der TU Berlin, belegen, dass Antimon bei den pH-Werten, die im Muschelkalk auftreten (pH > 7) kaum zurückgehalten (sorbiert) wird. Berücksichtigt man zudem, dass das Sickerwasser in den Klüften nur kurz Kontakt zu einer relativ geringen Oberfläche hat, muss davon ausgegangen werden, dass die Antimonkonzentration im anstehenden Muschelkalk nicht verringert wird.

Sanierungsempfehlung
Aufgrund der hohen Antimon-Depositionen wird im gesamten belasteten Bereich für den Wirkungspfad Boden - Grundwasser der Prüfwert nach BBodSchV am Ort der Beurteilung überschritten, so dass eine Sanierung notwendig ist. Hierbei ist der 1,8 ha große, direkt belastete Bereich (rot) dringlicher zu behandeln als die restliche belastete Fläche (orange). Zur genaueren Abgrenzung der Bereiche sind weitere Untersuchungen notwendig.

Im Rahmen dieses Projektes fertigte Andreas Krimphoff von der FH Osnabrück seine Diplomarbeit an.